Interview LHG

I: Hallo Lion, könntest du dich einfach mal kurz selbst vorstellen? Wer bist du und wie bist du in die liberale Hochschulgruppe gekommen?

Lion Cassens: Ich bin Lion Cassens, bin 21 Jahre alt und studiere Wirtschaftsinformatik an der Universität Oldenburg. An die liberale Hochschulgruppe bin ich über die jungen Liberalen Oldenburg/Ammerland gekommen. Das ist eine Jugendorganisation im politischen Bereich. Und da sind mehrere Leute drin, die eben auch hier in Oldenburg an der Uni aktiv sind und da haben wir uns dann zusammengeschlossen, um hier eine liberale Hochschulgruppe wieder zu reaktivieren in Oldenburg.

I: Würdet ihr euch schon als relativ FDP-nah verstehen, oder wie seid ihr organisiert?

Lion Cassens: Wir sind parteiunabhängig organisiert, fühlen uns von den Themen aber häufig natürlich zur FDP hingezogen.

I: Was heißt es denn für dich, liberal zu sein?

Lion Cassens: Liberal zu sein heißt für uns, dass man in erster Linie seine Entscheidungen selber treffen kann, dass man nicht bei allen Themen unbedingt geführt werden muss, dazu gehört eben im universitären Bereich auch das Entscheiden der Anwesenheit, also das man auch keine Anwesenheitspflicht hat.

I: Anwesenheitspflicht ist ja momentan schon Thema. Gibt es noch andere Themen, die ihr verfolgen werdet als liberale Hochschulgruppe?

Lion Cassens: Ja, zum einen wollen wir uns sehr dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten des E- Learnings ausgebaut werden. Digitalisierung ist ja generell ein großes Thema, was auch viele Möglichkeiten bietet. In einigen Vorlesungen an der Uni ist es bereits jetzt so, dass es Skripte online oder auch teilweise Audio-Aufzeichnungen gibt. Wir würden aber gerne, dass das noch weitergeführt wird und da auch den Profs ein bisschen Unterstützung leisten. Zum Beispiel durch unterstütztes Lernen über Handy-Apps oder auch über Web-Anwendungen. Zum Beispiel nach dem Vorbild von der Einführung in die BWL, das ist ein Modul von Jörn Hoppmann, was auch sehr viel positive Resonanz bei den Studenten hervorgerufen hat.

I: Was passiert da genau?

Lion Cassens: Also es gibt einmal die Woche auf einer Handy-App oder alternativ auch auf dem Desktop-PC neue Fragen, die man dann beantworten muss. Kann man sich vorstellen wie ein Quiz, ähnlich wie Quiz-Duell. Allerdings dann mit den Inhalten der letzten Vorlesung. Und das wird dann auch ausgewertet und je nach dem, wie gut man in einzelnen Fragen abschneidet, werden die auch häufiger nochmal wieder gestellt, also im Grunde eine Art Lernen mit Karteikarten, nur digital und bereitgestellt von dem Professor.

I: Und das wünschst du dir für mehr oder alle Veranstaltungen?

Lion Cassens: Genau, weil ich denke, dass das ein großes Potenzial bietet und wahrscheinlich auch bei vielen Professoren auf Zustimmung stoßen würde. Man braucht einen gewissen Anschub, um das erst einmal umzusetzen und das fällt vielleicht auch nicht jedem so einfach, dass wir da auch einfach ein bisschen Unterstützung leisten und das auch aktiv fordern.

I: Die LHG, wann hat die sich gegründet, oder besteht die schon länger?

Lion Cassens: Letztes Jahr haben wir die Gründungsbestrebungen begonnen und jetzt zu den kommenden Wahlen treten wir das erste Mal tatsächlich an und sind dann als Liste vertreten. Man kann sagen, wir haben seit letztem Jahr einen Gründungsprozess durchlaufen und haben den jetzt diesen Monat auch abgeschlossen. Wir haben unsere Gründungsfeier offiziell diesen Monat.

I: Gab es denn schon irgendwelche Projekte, die ihr verfolgt habt?

Lion Cassens: Wir haben uns mit anderen liberalen Hochschulgruppen, auch mit dem Bundesverband schon stark ausgetauscht, einfach um mal zu gucken: was gibt es an anderen Unis? Was kann man davon auch gut für Oldenburg übernehmen? Und da schon ein paar Ideen aufgegriffen, die müssen wir aber intern bei uns auch nochmal ein bisschen diskutieren, da wird aber auf jeden auch noch einiges zu folgen.

I: Könntest du vielleicht einen Kommentar dazu abgeben, wie du die Arbeit des AStA und des StuPa im Augenblick bewerten würdest?

Lion Cassens: Grundsätzlich gibt es einige Punkte vom oder … ich sag es mal anders: Grundsätzlich finde ich es erstmal gut, dass der AStA überhaupt besteht und dass es eine politische Arbeit an der Universität gibt. Wo wir aber dann anders entscheiden würden, sind dann oft Themen wie Unterstützung von Leistungssport, da verhält sich der AStA ja oft etwas distanziert zu.

I: Zum Beispiel beim Reitsport.

Lion Cassens: Zum Beispiel beim Reitsport, genau. Das war ja 2016 relativ brisant, da gab es ja einen Fall, dass der AStA eben gesagt hat, Reitsport unterstützen wir nicht, weil das in die Richtung Tierquälerei geht. Das sehen wir zum Beispiel anders. Wir finden, dass Reitsport für die Tiere in Ordnung ist, solange vernünftig mit den Tieren umgegangen wird und das ist unserer Meinung nach beim Hochschulsport der Fall, von daher würden wir sowas auch weiterhin unterstützen. Um Fahrtkosten zum Beispiel zu Wettbewerben zu übernehmen, auch für andere Hochschulsportbereiche.

I: Warum sollte man euch wählen?

Lion Cassens: Grundsätzlich wären wir die liberale Stimme an der Universität Oldenburg, die gab es bisher ja in den letzten Jahren einfach nicht. Und wer ein gewisses freiheitliches Denken hat und auch der Meinung ist, er kann selbstbestimmt vieles entscheiden und braucht nicht immer eine Unterstützung dabei oder eine Anleitung, eine Führung von jemand anderem dafür, der ist bei uns gut aufgehoben mit seiner Stimme.

Ansonsten konkret, wo wir zum Beispiel auch anders entschieden hätten als das StuPa, wäre ein Antrag gewesen, den es vom RCDS gab. Ein Antrag gegen Extremismus. Der wurde abgelehnt. Da war zum Beispiel eine klare Positionierung gegen Extremismus enthalten. Der AStA positioniert sich zwar jetzt auch schon aktiv gegen Gewalt, was sehr gut ist, was auch irgendwie schonmal das Grundsätzliche ist, um friedlich miteinander leben zu können. Aber auf Kritik gestoßen ist dann eben zum Beispiel die Forderung, die da auch drin war, dass der AStA keine Veranstaltungen unterstützen soll, die vom Verfassungsschutz als bedenklich gekennzeichnet werden oder auch an Orten keine Veranstaltungen machen darf, die vom Verfassungsschutz als bedenklich eingestuft sind, wie zum Beispiel das Alhambra in Oldenburg. Die Forderung stieß leider auf sehr viel Kritik., das hätten wir anders gesehen. Wir hätten uns gefreut, wenn der Antrag durchgegangen wäre.

I: Ich wollte nochmal kurz zurückkommen auf das Liberale. Du hast gesagt Liberalität bedeutet weniger Führung und mehr Freiheit. Wo siehst du denn Einschnitte im Augenblick in der Freiheitlichkeit dieser Uni?

Lion Cassens: Also eine Anwesenheitspflicht haben wir zum Glück nicht, da setzen wir uns aber stark dafür ein, dass das auch so bleibt. In NRW gibt es zum Beispiel die Bestrebung, dass da die Universitäten wieder selber entscheiden dürfen, ob es eine Anwesenheitspflicht gibt, oder nicht. Das soll für uns in Niedersachsen auch so bleiben, dass es keine Möglichkeiten für die Universitäten gibt, eine Anwesenheitspflicht durchzusetzen. Ansonsten gab es in der Uni Oldenburg, im Bereich der Germanistik die Bestrebung in letzter Zeit öfter wieder eine

Anwesenheitspflicht einzuführen, das sind Dinge, wo wir meinen, da ist die Freiheit und die Entscheidungsmöglichkeit für die Studenten dann eingeschränkt. Und ansonsten, was wir auch mit Freiheit meinen, sind dann eben auch solche Entscheidungen vom AStA, wo kategorisch zum Beispiel gesagt wird, wir unterstützen keinen Leistungssport, das sehen wir eben anders. Also Leistung ist ja erstmal per se nichts schlechtes.

I: Worin unterscheidet ihr euch im Wesentlichen von den anderen Listen, warum sollte man euch wählen?

Lion Cassens: (…) Also von dem jetzigen AStA, der ja vor allen Dingen, relativ linksgerichtet ist, unterscheiden wir uns schon alleine deshalb, weil wir ja keine linke Orientierung haben. Damit bleibt dann noch der RCDS, der allerdings dann doch noch sehr konservativ ist, und wir sind da einfach etwas progressiver. Als liberale Stimme wollen wir uns gerne präsentieren. Und die liberale Stimme vertreten an der Universität.

I: An dieser Stelle wär noch die Möglichkeit, wenn du jetzt noch etwas sagen möchtest, kannst du das gerne tun.

Lion Cassens: (…) Ja, wo wir generell auch uns für einsetzen wollen, dass die Semesterbeiträge und die Beiträge für den AStA niedrig bleiben. Ansonsten sind wir der Meinung, man sollte auch die Möglichkeit eines individuellen Semestertickets überprüfen, wo man einfach modular sagen kann, ich möchte vielleicht noch einen Bereich mehr hinzuwählen. Also letztenendes wollen wir in vielen Punkten eben einfach schauen, ob es die Möglichkeit gibt, dass man Entscheidungsmöglichkeiten für die Studierenden schafft und nicht eine Einheitslösung hat.

I: Wie würde so ein individuelles Semesterticket aussehen? Also dass ich dann selbst entscheiden kann, wieviel ich nutzen möchte davon?

Lion Cassens: Genau. Also das könnte man sich beispielsweise so vorstellen, es gibt einen Kernbereich, das ist vielleicht dann die Stadt Oldenburg und der nähere Umkreis, das macht ja für alle Sinn, weil ja auch jeder, der dieses Semesterticket von der Uni Oldenburg hat, hier studiert und wenn man dann vielleicht noch mehrere Fernverbindungen haben will, dass man die Möglichkeit hat, die günstig oder vergünstigt dazu zu buchen. Weil nicht alle Studierenden müssen zum Beispiel oft in eine andere Stadt, für einige macht das aber durchaus Sinn. Auch weil sie vielleicht zu Veranstaltungen gehen, die außerhalb von Oldenburg liegen. Aber das ist etwas, was dann nochmal im Detail diskutiert werden müsste.

I: Ok, dann danke für das Interview.

Lion Cassens: Ich bedanke mich.

weitere Artikel aus der kleinen Weltbühne