Autokino auf dem Campus

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Die Kinos sind geschlossen und was nächstes Jahr passiert weiß noch keiner so recht. Gelegenheit genug, einmal den Versuch, eine schon verloren geglaubte Kultur aus der Mottenkiste zu holen Revue passieren zu lassen – vielleicht to be continued 2021.

Mitte August konnten zwei Autokinoveranstaltungen auf dem Campus Wechloy unserer Universität stattfinden. Zum einen war es die TedX-Veranstaltung, die dieses Mal nicht regulär stattfinden konnte, sondern als erster Tedx-Konferenz-Film überhaupt, auf der anderen Seite hat das Unikino Gegenlicht eine Ihrer Veranstaltungen in das Autokinoformat eingepasst. Im Folgenden ein Gespräch mit den Verantwortlichen – Benjamin vom Gegenlicht, Felix von TedX und Jürgen vom Kulturbüro des Studentenwerks. 

Das war der erste Film, der über eine TedX Veranstaltung gemacht wurde, richtig?

Felix: Der Film hat ja anstatt der Konferenz stattgefunden. Das ist tatsächlich das erste Mal, dass eine Konferenz als Film realisiert worden ist. Das war ganz interessant. 

Wie war der Prozess, es als Film zu machen?

Felix: Ursprünglich, im April, denn im Mai sollte die Konferenz eigentlich stattfinden und es hat sich dann erst abgezeichnet, dass das definitiv nicht passieren wird – wir können das nicht in Präsenz durchführen. Bilger und ich saßen dann zusammen in einem Videocall und haben uns da gemeinsam Gedanken drüber  gemacht und gedacht, ok, es muss flexibel nutzbar sein, die Coronabestimmungen müssen berücksichtigt sein, wie kriegen wir das hin. Wir wollten nicht einfach „rein“ online gehen, weil wir damit eine große Zielgruppe ausgeschlossen hätten. Deswegen haben wir gesagt: „drehen wir einen Film“, denn wenn wir den haben, können wir ihn überall zeigen wo wir wollen. Die Idee war dann so geboren und dann haben wir angefangen uns zu überlegen, wie wir vorgehen, denn wir haben keine Vorerfahrung mit Filmproduktionen gehabt. Wir hatten das große Glück, dass Bilgers Schwester Kamerafrau ist, und von daher konnten wir relativ gutes Equipment nutzen und auch einen kleinen Crashkurs mitnehmen, wie man es am besten macht. Dann haben wir Locations geklärt, Storyboards aufgebaut, ein Konzept für den Film überlegt. Das interessanteste an dem Film sind natürlich die Talks, das sind die Hauptdarsteller. Davon gibt es drei Stück. Wir haben dann überlegt, womit wir den Rest füllen, das haben wir dann damit gefüllt zu zeigen: wie ist denn dieser Prozess? Was ist das für ein Projekt? Und auch Oldenburgs schöne Seiten haben wir mit dargestellt. Die Band, die normalerweise auf unserer Konferenz gespielt hätte, hat jetzt die Filmmusik zur Verfügung gestellt, und damit haben wir ein paar schöne Aufnahmen gemacht. 

Es ist dann ja ein Autokino geworden, wie kam das?

Jürgen: Als es im Semester sich abgezeichnet hat, dass eine Präsenzveranstaltung in den Räumen des Unikum und auf dem Campus nicht möglich sein wird, haben wir überlegt: was können wir machen? was sind Möglichkeiten der Kulturveranstaltungen? Einerseits war relativ schnell klar, dass wir Onlinestreams machen werden, andererseits war aber auch klar, ich möchte nicht nur Streams machen und überlegte, was außerdem möglich ist. Dann kam ich relativ schnell auf die Idee, auch etwa im April, ein Autokino anzubieten. Das ploppte überall auf, in der ganzen Stadt und eigentlich in allen Städten. Damals gab es das aber noch nicht zentral in Oldenburg. Da habe ich einen Tritt gewagt auf das Unikino Gegenlicht zu, ob die nicht Lust haben das mit umzusetzen                


Benjamin: Wir hatten das als Team vom Unikino schon einmal, eher scherzhafter Weise, überlegt. Dann kam aber Jürgen auf uns zu und meinte, lass uns das machen. Dann wurden die Überlegungen ernsthafter und wir haben geschaut, was man dafür alles machen muss, was die Vorgaben sind und was man braucht. Beim Tontechnischen Equipment, dass es also übers Radio der Autos geht, hatten wir die nötige Technik nicht. Später stellte sich auch heraus, dass unsere Leinwand nicht dafür gedacht war, so dass wir eine spezielle Leinwand brauchten. Also da haben wir einige Sachen gebraucht, die wir nicht hatten. 

Jürgen: Erst einmal ging es darum, die Genehmigung zu bekommen. Wir hatten gesehen: es war möglich in Essen, es war möglich in Stuttgart. Dann war es auch im Landkreis Oldenburg möglich und dann sogar in der Stadt, – ich aber habe keine Antwort bekommen. Es hat sich so von Juni erst auf Juli verschieben und dann auf Mitte August, als ich noch keine Antwort erhielt. Auch da hörte ich nichts und habe es gedanklich dann schon zu Grabe getragen. Dann ist es kurzfristig doch noch, durch einen Anruf des Studentenwerks, also von meinem Chef, eine Rückantwort gekommen. Es war dann möglich, ein Autokino zu machen, auch weil es ja wirklich sehr Coronakompatibel ist, weil niemand miteinander Kontakt hat und es draußen ist. Mehr Sicherheit kann man unter den aktuellen Pandemiebedingung nicht gewährleisten. Das wurde dann auch geteilt und der Antrag wurde ein paar Wochen vor dem Termin bewilligt.                                                                                      

Benjamin: Man muss es aber deutlich sagen: ohne das Bemühen des Studentenwerks wäre da nichts passiert, und das ist schon schade, dass es zum Beispiel von der Uni etwas, sagen wir einmal, verzögert wurde. 

Felix: Das war auch für uns und unsere Dreharbeiten eine schwierige Situation. Wir haben irgendwann gesagt: ok, wir machen das. Dann haben wir alles in die Wege geleitet: unsere Speaker zu coachen unsere Vorträge vorzubereiten, die Locations zu klären. Das alles während wir mit der absoluten Ungewissheit gearbeitet haben. Bei jedem Drehtag, den wir hatten, bei jedem Gespräch und jeder Mail dachten wir „Ok, das ist jetzt super viel Aufwand, wird das überhaupt etwas?“. Jürgen und ich haben uns darüber unterhalten, es war der Charakter, den das Organisieren kultureller Veranstaltungen das ganze Jahr über hatte. Man hat sich bemüht, etwas für die Situation passendes, und dennoch ansprechendes, Angebot auf die Beine zu stellen und war aber die ganze zeit damit konfrontiert, dass das von einem auf den anderen tag absolut nichts werden könnte. 

TedX ist als Gruppe ja nicht so eng an der Uni verortet, war der Gedanke dann auch, es woanders zu machen? Das cinek hat gezeigt, dass es an anderen Orten ja auch geht, wie andere Veranstalter auch 

Felix: Absolut. Wir haben uns zwischenzeitlich überlegt, dass wir es uns nicht unbedingt leichter gemacht haben mit der engen Bindung an die Universität. Wir konnten auf der anderen Seite jetzt aber so auf bestehende Strukturen zurückgreifen und daraus ist es ja auch ursprünglich entstanden, dass Bilger im Unikum arbeiten kann und sagen: ok, er kennt sich mit Veranstaltungstechnik aus. Das, was wir gemacht haben, hatte damit dann wieder wenig zu tun, weil ein Film zu drehen etwas anderes ist als eine anständige Veranstaltung auf die Bühne zu bringen, das wussten wir so vorher auch nicht. Die Uni hat es uns nicht leichter gemacht, wir mussten uns aber irgendwann dafür entscheiden, wie wir es durchführen, weil wir kein Fähnchen im Wind sein konnten, wir mussten schon in dieser Ungewissheit uns selbst Gewissheiten schaffen. Dann bleibt man dabei.

Benjamin: Irgendwann hat man ja auch Verpflichtungen, wenn man das startet. Wir waren auch irgendwann an einem Punkt, zumindest als wir auch die Erlaubnis bekommen hatten, hatten wir ja bereits den Transmitter bestellt, da sind ja auch Gelder ausgegeben worden und irgendwann hat man diese Verpflichtungen und muss es durchziehen oder man muss halt mit heftigen Verlusten rausgehen, ohne das irgendwas passiert ist, und das ist unbefriedigend für alle. 

Ihr seid eine TedX-Veranstaltung, wie hat die Ted Organisation das denn aufgenommen und vielleicht sogar suppportet?

Felix: Bilger ist TedX-Lizenzinhaber für Oldenburg. Der hat denen das am Anfang einmal kurz dargelegt, wir haben gemeinsam eine Mail formuliert und versucht zu erkären: ok, was haben wir vor, und das haben sie verstanden. Sie haben gesagt: „wir sind sehr gespannt, ihr könnt das so machen mit der Lizenz, die ihr von uns habt“. Aber groß unterstützt worden sind wir nicht. Die haben nicht gesagt: „ok, was braucht ihr, wir bieten euch das“, sondern nur „Ok, ihr dürft das machen, aber erzählt uns bitte von euren Erfahrungen, weil das haben wir so auch noch nicht gemacht“.
Was die viel gemacht haben – und da sind wir rausgefallen, weil wir uns für dieses Konzept entscheiden haben – war, wie man mit einer Veranstaltung online gehen kann. Viele haben gesagt, dass sie keine Vorträge machen, sondern Interviews. Das hat aber eine sehr schwankende Qualität gehabt. Manche haben es eher übers Knie gebrochen. Online ist das Ding, dass man bestimmte Leute ausschließt, und das wollten wir nicht. Beim Autokino haben wir es natürlich dann auf andere Weise doch gemacht. 

Eine Resümee-Frage, unter den derzeitigen Umständen, wie würdet ihr beurteilen, wie es gelaufen ist und würdet ihr es nochmal machen?

Jürgen: Ich bin generell dankbar, dass sich TedX entschieden hat trotzdem auf dem Campus diese Veranstaltung zu machen, weil ich der Meinung bin, dass es ein prima Format ist, was auch in den universitären Kontext passt. Wenn es um Forschung und Lehre geht und innovative Gedanken, die man miteinander teilt, finde ich, dass es eine prima Veranstaltung ist für die Campuskultur. Da ich ja auch für das Studentenwerk und das Kulturbüro zuständig bin, eben Sachen auf dem Campus stattfinden zu lassen, bin ich sehr glücklich, dass dies hier stattfinden konnte, als Autokino. Für mich war es auch das erste Mal, dass ich auf dem Campus Wechloy etwas organisiert habe. Der Aufwand und die Kosten standen dann leider nicht ganz im Verhältnis mit der Zuschauerzahl, die Tickets gekauft haben und auf dem Parkplatz waren. Wir sind am Ende auch mit einer kleinen Verlustzahl raus gegangen. Wir mussten den Transmitter leihen, wir mussten die Frequenz beantragen, wir mussten die Leinwand mieten – all das sind Sachen, die sehr viel Geld kosten, da muss man schon wirklich gut kalkulieren um nicht mit einem Minus raus zu gehen. 

Benjamin: Ohne TedX hätten wir als Unikino uns diese Veranstaltung auch nicht leisten können, denn dadurch, dass wir es gemeinsam gemacht haben, konnten wir uns die Kosten teilen. Das wäre ansonsten finanziell nicht stemmbar gewesen. Deswegen ist es auch fragwürdig, inwiefern das wiederholbar ist. An der Stelle muss man sich auch bei allen Unterstützern bedanken, auch beim AStA, der großzügig sich an den Kosten beteiligt hat, weil es mit den Einnahmen einfach nicht bezahlbar gewesen wäre.                                                                                                  

Interview von Maximilian Linschmann

Der Beitrag ist ursprünglich für den Podcast Der kleine Weltcast entstanden und kann hier online nachgehört werden:                                                                                                                                                                                                                                                                  

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