„Eine bessere Zukunft für alle!“

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Interview mit Fridays for Future Oldenburg, Students for Future Oldenburg sowie der Nachdenkstatt. 

Nachhaltigkeit im Sinne eines langfristig gedachten, dauerhaften Schutzes unserer natürlichen Umwelt bildet die Grundlage für eine lebenswerte Zukunft. Bei der aktuellen Corona-Krise werden leicht die bestehenden ökologischen Krisen, wie der Biodiversitätsverlust und der Klimawandel vergessen bzw. verdrängt. Auf die Zusammenhänge sind wir in der letzten Ausgabe „Lightdown“ eingegangen.

Welche Lehren müssen wir aus der aktuellen Pandemie ziehen? Was muss getan werden, um nicht von einer Krise in die nächste zu schlittern? Was sollte sich zukünftig ändern?

Über diese und andere große Fragen haben wir mit Menschen gesprochen, die sich für einen nachhaltigen Wandel einsetzen. 

Leah und Jakob sind aktiv bei Fridays for Future Oldenburg (FFF). Leah engagiert sich außerdem bei Students for Future Oldenburg (S4F) und als Sprecherin bei bei Students for Future Germany.

Welche Lehren sollten eurer Meinung nach aus der Pandemie gezogen werden?

Jakob: Die Pandemie zeigt, dass es langfristiger Pläne braucht, um Probleme zu lösen. Bei Corona, dass nicht nur von einer Bund-Länder-Konferenz zur nächsten gedacht werden sollte. Beim Thema Klimaschutz, darf nicht nur bis zum nächsten Wahlkampf, sondern muss darüber hinaus in Abschnitten von 10, 20 oder 30 Jahren gedacht werden. Dies lässt sich auf andere Bereiche übertragen, sei es Rassismus- oder Sexismusbekämpfung, was ja auch keine Sachen sind, die kurzfristig mit einer Entscheidung gelöst werden können, sondern die langfristig angegangen werden müssen.

Leah: Die aktuellen politischen Geschehnisse rund um den Wahlkampf zeigen, wie schnell solche unfassbar wichtigen Themen genutzt werden, um sich gegenseitig fertig zu machen. Z.B. fangen innerhalb der CDU Kämpfe an und das wirklich Wichtige wird komplett aus den Augen verloren. Hier müssen wir das „Learning“, welches Jakob schon angesprochen hat, auf die Klimakrise beziehen. Denn diese sollte über diesen „Kleinkämpfen“ stehen, weil dadurch das Große und Ganze aus den Augen verloren wird. 

Wie beeinflusst die Pandemie eure Arbeit?

Leah: Das große Potential von Streiks wurde natürlich eingedämmt. Auf der einen Seite wissen wir, was wir erreichen können und wie viele Menschen wir auf die Straße bringen. Auf der anderen Seite sind wir uns natürlich im Klaren, dass dies aktuell nicht möglich ist. Einer unserer zentralen Slogans ist „Hört auf die Wissenschaft!“, das sagen wir natürlich auch bei Corona. Deshalb haben wir uns stark in den digitalen Raum verlagert und die Möglichkeiten ausgeschöpft, die wir weiterhin haben. So können wir weitehrhin präsent sein, jedoch ohne ein Infektionsrisiko einzugehen.

Jakob: Die Pandemie beeinflusst unsere Arbeit enorm, da das zentrale Element unserer Bewegung, nämlich die Streiks mit vielen Leuten, wegfällt. Hieraus haben wir immer viel Kraft und Motivation gezogen, da man sieht: Ich bin nicht allein, wir sind nicht nur 30 Leute, wir sind 1000 Leute, wir sind 100.000 Leute. Deswegen hat sich unser Protest nun von der Straße in digitale Räume verlegt. Wir haben viele Videokonferenzen und versuchen online oder mit weniger Leuten Aktionen zu kreieren, die trotzdem wirkmächtig sind. Wir kümmern uns auch um uns selbst, wir gucken unsere internen Strukturen und Prozesse an und versuchen diese zu verbessern. So versuchen wir die Zeit, auch ohne Präsenztreffen, gewinnbringend zu nutzen. 

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Wie wirkt sich das auf die Wahrnehmung der Bewegung und der Klimakrise eurer Einschätzung nach aus?

Jakob: Ein Streik hat natürlich mehr Potential, da hier jede/jeder einfach hingehen kann. Im digitalen Raum gibt es für bestimmte Teile der Bevölkerung eine Hemmschwelle. Hier kennt sich nicht jede/jeder gut aus, weiß wie das läuft und hat evtl. Angst etwas falsch zu machen. Auf der anderen Seite ist es wesentlich ungezwungener, man kann in eine Videokonferenz reingehen aber auch einfach wieder rausgehen. Man muss nicht extra zu einem Treffen fahren, man kann sich einfach von Zuhause einloggen. Ich glaube, die letzten Monate haben gezeigt, dass es möglich ist auch unter Corona-Bedingungen coole Aktionen zu organisieren. Am 19.03. z.B. mit der Schuh-Demo und dem Online-Streik. Es schränkt also ein, aber ermöglicht neue Protestformen auszuprobieren und so neue Gruppen zu erreichen. 

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Wie geht es für euch weiter?

Leah: Wir haben gezeigt, dass wir mit den neuen Herausforderungen umgehen können, nicht leiser werden und nach wie vor für unsere Klimaziele kämpfen. Corona hat uns nicht in die Enge getrieben. Wir sind Präsent geblieben, haben uns weiterentwickelt, sind kreativer geworden in unseren Streikformen. Beispielsweise bei dem globalen Streik am 19.03. haben wir unfassbar kreative Aktionen weltweit organisieren können. Hierdurch waren wir sehr präsent. Dies hat uns sehr viel Ansporn gegeben. 

Wir organisieren neben den Streiks, die hoffentlich bald wieder möglich sein werden, auch andere Aktionen. Als nächstes ist das die Public Climate School vom 17.-21.05., welche von FFF und S4F gemeinsam organisiert wird. Es geht hier vor allem darum, Klimabildung der Öffentlichkeit näher zu bringen und in die gesamte Gesellschaft zu tragen. Dies geht vom Schulprogramm bis Prime-Time-Events am Abend: Eine Woche voll von Programm. 

Weiterhin behalten wir natürlich das politische Geschehen weiter im Auge. Wir lassen die Politik jetzt nicht in Ruhe, nur weil sie ein Klimaziel beschlossen hat. Wir erwarten, dass dieses auch umgesetzt wird, dass Zwischenziele gesetzt werden und Maßnahmen umgesetzt werden – und zwar schnell. Wir versuchen die Dringlichkeit deutlich zu machen. Wir in Deutschland sind in einer unfassbar privilegierten Position im Vergleich zu Menschen im globalen Süden. Diese Menschen haben schon heute unter der Klimakrise zu leiden und spüren die negativen Effekte. Es ist daher unsere Verantwortung, zu handeln.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Jakob: Mit Corona hat man gesehen, dass es möglich ist auf eine Krise durch schnelles Handeln zu reagieren. Deshalb gibt es für politische Entscheidungsträger, sowohl hier in Oldenburg, auf Landesebene, als auch auf Bundesebene keine Ausreden mehr, nichts gegen den Klimawandel zu tun. Man hat gesehen, es ist möglich und deshalb wünschen wir uns, dass mit derselben Konsequenz, vielleicht nur noch ein bisschen besser durchdacht und mit einem langfristigen Plan, auch auf die Klimakrise reagiert wird. Wir wünschen uns, dass auch der ärmere, weniger privilegierte Teil der Bevölkerung und der Welt hierbei mit bedacht wird. Dass nicht nur Unternehmen unterstütz werden in der Krise. Damit sich jeder anpassen kann und jeder durch diese Phase des Umbruchs kommen kann, um für alle eine bessere Zukunft zu erreichen. Dass wir alle mitnehmen, am Ende alle dafür sind und dahinterstehen. 

Leah: Ein Handeln der Politik! Es wird häufig von „Nach der Krise – Back to normal“ gesprochen. Dem schließen wir uns nicht an. Denn diese Normalität, von der alle sprechen, ist schon eine Krise für uns. Wir sprechen von der Corona-Krise aber auch das Klima ist in der Krise. Und deshalb müssen wir handeln. Dieses Jahr ist – als Super-Wahl-Jahr – sehr wichtig. Wir wünschen uns, dass in naher Zukunft die Klimakrise jene Aufmerksamkeit erhält, die sie bedarf. Dass dies bei den Wahlen zu erkennen ist, dass wir gut mobilisieren können. Dass wir am Ende des Jahres mit einer neuen Bundesregierung und auch neuen Personen in der Regional- und Lokalpolitik Menschen an der Macht haben, die das Thema ernst nehmen. Wir wünschen uns von der Uni, der Stadt und dem Land und dem Bund ein Handeln im Sinne des 1,5 Grad-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen. Denn die kommenden Jahre sind entscheidend- Wir freuen uns über jede Person, die sich uns anschließt. Wir möchten gemeinsam die kommenden Wahlen in das Licht des Klimas rücken und eine neue bessere Zukunft für alle zu gestalten. 

Du hast Fragen oder möchtest mitwirken? 

FFF: oldenburg@fridaysforfuture.de

S4F: students4futureoldenburg@riseup.net

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Unter dem Motto „Denken. Handeln. Wandeln.“ bietet die Nachdenkstatt eine transdisziplinäre Arbeitsplattform, in der Akteure und Experten aus Wissenschaft und Praxis zusammen mit Studierenden zu verschiedenen nachhaltigkeitsrelevanten Themen arbeiten. Kern der Zusammenarbeit ist eine dreitägige Workshop-Konferenz, in der gemeinsam gesellschaftlich relevante Lösungsansätze zu vorher definierten Problemen gefunden werden sollen, die wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig praxistauglich sind.

Das Interview wurde mit Carla, Johanna und Robbin geführt. Sie studieren an unserer Uni und engagieren sich in der Gesamtorganisation der Nachdenkstatt. 

Was ist die Nachdenkstatt?

Carla: Die Nachdenkstatt ist ein dreitägiges Event, welches vom 11.-13. Juni stattfindet. An diesen drei Tagen hat man die Möglichkeit, an einem Workshop teilzunehmen. Aktuell sind 5 Workshops geplant (mehr Infos zu den Workshops hier: https://nachdenkstatt.de/workshops-2021/ [Anmerkung der Redaktion]). Diese sind total vielfältig, das Oberthema ist ganz passend: Zukunft und Nachhaltigkeit. 

Es ist eine Plattform um Bürger*innen und Studierende aus Oldenburg, aber auch darüber hinaus, zusammenzubringen. So kommt eine heterogene Gruppe und cooler Austausch zustande.

Welche Lehren sollten wir aus der Pandemie ziehen?

Robbin: Es ist weiter wichtig, auf Nachhaltigkeit des Konsums und der Landnutzung zu achten. Wir haben gesehen, dass Krankheiten von Tieren auf Menschen überspringen, wenn der Mensch in die Habitate eindringt. Dies nimmt weiter zu, wenn immer mehr Wälder abgeholzt werden müssen, um z.B. Anbauflächen zu generieren. 

Carla: Dass man auf die Wissenschaft hört! Dass sich dies nicht nur auf Corona bezieht, sondern auch auf die Klimakrise und hier mehr Fokus drauf gelegt wird. Es war ja eigentlich keine Überraschung mit der Pandemie, vielleicht des Ausmaßes, aber man wusste, dass so etwas früher oder später kommen wird. Das war der Wissenschaft schon klar. Genauso ist die Erderwärmung schon seit vielen, vielen Jahren klar.

Johanna: Ein weiterer Aspekt ist die Wertschätzung sozialer Kontakte. Das merkt man ja sehr stark, dass diese allen fehlt. Und natürlich auch bei der Nachdenkstatt merken wir das bei der Organisation aber auch bei der Gestaltung der Konferenz. Den direkten Austausch mit anderen Menschen vor Ort sollten wir mehr schätzen. 

Wie beeinflusst die Pandemie eure Arbeit?

Johanna: Tatsächlich sehr massiv. Wir sind ein komplett neues Team, wir haben keine „alten Hasen“ im Team, wir haben alle letzten Oktober neu angefangen mit der Nachdenkstatt. Im Oktober ging der Lockdown gerade wieder los, also haben wir uns niemals in Echt gesehen. Wir haben uns immer nur digital getroffen. Das ist schon schwierig, die einzelnen Leute kennenzulernen, die einzelnen Teams zu bilden und auch zu schauen, wie wir miteinander klarkommen. Das war eine Herausforderung am Anfang, aber trotzdem sind alle, die jetzt mitmachen richtig motiviert und hängen sich voll rein. Das ist fast ein bisschen erstaunlich! Wir haben da echt ein super Team, finde ich. Wir sind knapp 20 Menschen und es gibt auch noch 1-2 Leute, die noch einsteigen wollen. Also es funktioniert offenbar, auch wenn es schwieriger ist. Bei der Planung an sich mussten wir immer schauen „was geht, was geht nicht“. Am liebsten wäre uns natürlich, wenn wir alles vor Ort machen könnten, mit allen Teilnehmern in einem Raum. Das wussten wir natürlich nicht im Oktober, deshalb haben wir erstmal zweigleisig geplant, was natürlich ein Mehraufwand war.

Carla: Wir mussten uns sehr an die Gegebenheiten anpassen. Eine digitale Veranstaltung interaktiv zu gestalten ist schon eine ganz neue und einzigartige Herausforderung in der Geschichte der Nachdenkstatt. 

Robbin: Um zumindest etwas Positives abzugewinnen: Wir können nun einfacher Leute einladen, die nicht in Oldenburg sind. Und so die Konferenz noch weiter über Oldenburgs Grenzen hinaus verbreiten. 

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Johanna: Mehr Diversität in die Nachdenkstatt bringen. Aktuelle sind fast alle aus dem Team Sustainability, Economics & Management-Student*innen. Natürlich wäre es cool, die Konferenz wieder in Präsenz zu machen.

Carla: Dass wir die Nachdenkstatt noch größer machen, die Workshops noch vielfältiger werden und noch mehr Teilnehmer*innen mitmachen können und noch mehr überregionale Angebote geschaffen werden. 

Robbin: Dass wir die Vorteile der digitalen Umsetzung mitnehmen und auch asynchrone Angebote geschaffen werden.

 www.nachdenkstatt.de

Instagram: nachdenkstatt

Tickets online erhältlich 

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