Warum sollte man die Natur schützen? – In der politischen Diskussion um Natur- und Artenschutzmaßnahmen bleibt diese Frage auch nach über einem Jahrhundert organisiertem und staatlichem Naturschutz aktuell. Die umweltwissenschaftliche Forschung liefert jedes Jahr aufs Neue Erkenntnisse über den Nutzen der Natur für den Menschen: Ob Bodenfruchtbarkeit durch Mikroorganismen, Bestäuber, Kohlendioxidspeicher oder natürliche Filtration; was das ‚Naturkapital‘ für uns leistet, ist unersetzlich. Der Wert dieser sogenannten Ökosystemdienstleistungen, unter die beispielsweise auch Erholungsfunktion oder Freude beim Anblick der Natur fallen, wird ökonomisch bemessen; die Umweltethik stützt das Anliegen Naturschutz zudem mit Argumenten vom Eigenwert der Natur, der menschlichen Verantwortung gegenüber anderen Lebewesen und dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage für zukünftige Generationen.
Der moderne Naturschutz kommt in seiner Rechtfertigung im Wesentlichen ohne die ästhetisch-kulturellen Wertsetzungen aus, die den deutschen Naturschutzbewegungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur Legitimation dienten: Heimatliebe und Landromantik, Esoterik und Antimodernismus waren die normativen Grundsätze der Pioniere des Naturschutzes, die im Einklang mit völkischer Ideologie zur nationalsozialistischen Staatsraison wurden.
Sie sind aber auch heute noch unter Studierenden der Umweltwissenschaften verbreitet, wie eine Hochschulumfrage der der Fachstelle für Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) aus dem Jahr 2021 ergab. Auch Bevölkerungspolitik nach Malthus, Autoritarismus sowie antisemitische Weltbilder werden von den (sich überwiegend dem linken Spektrum zugehörig fühlenden) Studierenden vertreten. 2012 gaben in einer Befragung auch Mitglieder von Fachverbänden, Naturschutzorganisationen und Wissenschaftler mehrheitlich an, dass Leitbilder und Semantik des modernen Naturschutzes weiterhin von nationalsozialistischer Ideologie behaftet seien. Kontinuitäten nach 1945 seien ungenügend dokumentiert und reflektiert.
Die Vortragsreihe wird sich mit einem Rekurs auf die Historie der Naturschutzbewegung in Deutschland, mit dem ideologischen Gehalt der heutigen Theorie und Praxis des Naturschutzes und der Biowissenschaften befassen. Dabei werden sowohl rechte/völkische Ideologien, als auch gesellschaftliche Verhältnisse naturalisierende Sichtweisen und Methoden thematisiert. Die Veranstaltungen finden an der Universität Oldenburg in Raum A01 0-006 statt. Beginn ist immer 18 Uhr.
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