Stellungnahme

Antisemitismus an der Uni Oldenburg. Zu den Reaktionen auf das Statement „Gegen faschistische Tendenzen in der Gesellschaft“ vom 22.02.24

Das Statement des AStA vom 22.02.24 hat einige erschreckende Reaktionen hervorgerufen, die nicht unwidersprochen stehen bleiben dürfen.

Auf der Instagram-Seite von bipoc.in.academia wurde ein Statement veröffentlicht, das trotz seiner vagen Formulierungen die Absicht der Verfasser*innen nicht verbergen kann.

So heißt es darin etwa rhetorisch: „Steht die Solidarität mit Israel und der Kampf gegen Faschismus tatsächlich nicht konträr gegenüber?“ Die Frageform impliziert die grundfalsche Aussage, dass  Israel und der Zionismus faschistisch seien.

Tatsächlich war der Zionismus in seiner neuzeitlichen Ausprägung als politische Bewegung zur Gründung eines Nationalstaates aber von Anfang an eine Reaktion auf den Antisemitismus und wäre Israel nicht erst 1948, sondern zehn Jahre früher gegründet worden, so wären vermutlich viele Millionen Jüdinnen und Juden in der Lage gewesen, sich gegen die Vernichtung durch die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten und ihre Verbündeten zu verteidigen. Wer von Faschismus spricht – und womöglich Nationalsozialismus meint – kann unmöglich leugnen, dass die Fähigkeit zur militärischen Selbstverteidigung die einzige Möglichkeit für die Jüdinnen und Juden ist, dem Vernichtungswahn etwas entgegenzustellen. Das hat sich auch bei der Gründung Israels gezeigt: Die arabischen Nachbarstaaten und viele der muslimischen Bewohner des vormaligen britischen Mandatsgebiets Palästina lehnten den jüdischen Staat ab, weil er jüdisch war. Sie griffen ihn an, um ihn mitsamt den Juden von der Landkarte zu tilgen.

Dass der jetzige Krieg in Gaza viele Opfer fordert, ist schrecklich. Die Reaktionen darauf lassen aber tief blicken.  Die Forderungen nach einem Waffenstillstand ergehen immer nur einseitig an Israel. Die große Mehrheit derer, die vermeintlich an der Seite der Palästinenser*innen stehen, schweigt zu den Verbrechen, die die Hamas und ähnliche Gruppen an ihrer eigenen Bevölkerung verüben Es gibt keine Großdemonstrationent gegen die islamistisch motivierte Gewalt gegen Frauen und queere Menschen in Gaza und im Westjordanland und auch nicht dagegen, dass die Hamas Hilfsgüter an sich reißt und hortet, während die restliche Bevölkerung Gazas Hunger leidet. Auch davon, dass die Hamas schon kleine Kinder mit Judenhass indoktriniert und, wie auf zahlreichen Fotos und durch ihre Propagandavideos belegt, für den Kampf gegen Israel drillt, hört man nichts Vielmehr sind diese falschen Freunde der Palästinenser*innen immer nur dann öffentlich empört, wenn sich als Schuldiger für das Leid der von ihnen Bevormundeten vermeintlich Israel ausmachen lässt,weil es ihnen eigentlich gar nicht um das Wohl der Palästinenser*innen geht.

Dass die islamistische Terrororganisation Hamas – über deren mörderische Taten diese Leute sich zumeist ausschweigen – nicht zu einer friedlichen Koexistenz bereit ist, erklärt sie selbst ganz unverhohlen. Schon in ihrer Gründungscharta hat sie die Auslöschung aller Juden zum Programm erhoben: „[D]ie Islamische Widerstandsbewegung [strebt] doch danach, Gottes Versprechen wahrzumachen, ganz gleich, wie lange dies dauern mag. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil – sprach: „Die Stunde wird kommen, da die Muslime gegen die Juden solange kämpfen und sie töten, bis sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken. Doch die Bäume und Steine werden sprechen: ‚Oh Muslim, oh Diener Allahs, hier ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt. Komm und töte ihn!‘ […]“ (Art. 7) Die Hamas betreibt Judenmord mit religiösem Eifer – auch deshalb ist ihr das Leben der palästinensischen Zivilbevölkerung gleichgültig. „Wir werden eine Nation von Märtyrern genannt. Wir sind stolz darauf, Märtyrer zu opfern.“ So der hochrangige Hamas-Funktionär Ghazi Hamad in einem Interview nach dem 7. Oktober, in dem er angekündigt hat, dass weitere Angriffe folgen werden, bis Israel vernichtet sei. Und selbst damit soll der Kampf nicht aufhören: „Die Islamische Widerstandsbewegung betrachtet sich als Speerspitze in der Auseinandersetzung mit dem Weltzionismus, als ein Schritt auf dem Weg, wenn sie sich mit ihren Bemühungen allen, die sich in Palästina für die palästinensische Sache einsetzen, anschließt.“ (Art. 32) Die Gräueltaten, die die Hamas gemeinsam mit anderen Terrorgruppen (z. B. Islamischer Dschihad, PFLP, DFLP, Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden) am 7. Oktober 2023 verübte und voller Tatenstolz im Internet verbreitete, sind auch eine Drohung an die Welt: Wenn wir uns durchsetzen, dann wird es überall so zugehen. 

Dass seit dem 7. Oktober weltweit nicht nur ein Anstieg antisemitischer Propaganda zu beobachten ist, sondern auch die Gewalt gegen Jüdinnen und Juden zunimmt, zeigt das an. Es ist wahrlich beängstigend. Aber diese Angst darf uns nicht lähmen. Entschlossener Widerspruch gegen Antisemitismus, wo immer er sich zeigt, ist gefordert. Wie heißt es doch stets: Wehret den Anfängen!

Oldenburg ist dabei keine Ausnahme. Dass der AStA sich entschieden gegen jeden Antisemitismus ausspricht und sich mit Israel solidarisiert, hat in den Kommentarspalten für viel Aufregung gesorgt. Dass auch antisemitische Kommentare gepostet wurden, ist bei dem Thema leider keine Überraschung. Denn selbstverständlich gibt es, wie in der sogenannten Mehrheitsgesellschaft, auch unter den Studierenden der UOL antisemitische Überzeugungen. Gerade darum ist ein entschlossenes Auftreten und eine konsequente Kritik notwendig.Dass sich politische Gruppierungen an der Universität Oldenburg wie bipoc.in.academia in diese globale Tendenz einreihen und dabei auch noch Unterstützung erhalten, wie etwa vom FemRef, das den genannten Beitrag zunächst geteilt hat (nun aber Distanz zur Gruppe aufbaut), ist unerträglich. Es zeigt auch, dass ein bloßes Bekenntnis zu links-progressiven Ansprüchen keineswegs davor schützt, mit den übelsten Reaktionären gemeinsame Sache zu machen. Dass es die Juden trifft, ist dabei kein Zufall; sie mussten schon immer herhalten, wenn sich die vermeintlich Guten nach den Schuldigen umsehen.

Dass derzeit viele Menschen, die sich unter dem Slogan „Nie wieder ist jetzt!“ zusammenfinden, „gegen Rechts“ demonstrieren, ist zu begrüßen. Problematisch ist jedoch eine oftmals ungenaue Vorstellung davon, was Rechts ist, die damit einhergeht, das Böse nur in Gestalt der Ewiggestrigen, der Hitler-Fans aus der Mottenkiste, zu erkennen. Diese Gestalten gibt es und es ist richtig, sie zu bekämpfen. Doch der Antisemitismus ist weder ein Relikt überkommener Zeiten, noch ist er – wie nicht erst seit dem 07. Oktober 2023 ersichtlich wird – ein allein unter Faschisten anzutreffendes Phänomen. Seine allgemeine Anziehungskraft zieht und zog der Antisemitismus schon immer daraus, dass er eine Lösung für aktuelle Probleme anzubieten scheint: Die Juden, Israel seien schuld am Übel in der Welt. Der Antisemitismus ist eine affektive Reaktion auf die unverstandenen gesellschaftlichen Krisenphänomene, die auch heute wieder eskalieren und viele Menschen um den Verstand bringen. Solange seine innere Logik und Funktionsweise nicht erkannt wird, bewirkt das bloße Bekenntnis, gegen jede Art von Diskriminierung und Ausgrenzung – oder wie es in dem Statement von bipoc.in.academia heißt: „gegen jede Formen von Ismen“ – zu sein, daher leider gar nichts. Noch schlimmer: es verkehrt sich dann sogar in sein Gegenteil, wenn es, wie bipoc.in.academia meint, gegen „fragwürdige politische Ideologien wie den Zionismus“ gerichtet wird. Denn wer die Juden im Angesicht des globalen Antisemitismus ihres wirkmächtigsten Selbstverteidigungsmittels berauben will, nämlich des Staates Israel, der will sie nicht vor Diskriminierung und Ausgrenzung schützen, sondern dieser ausliefern. Anders gesagt: Wer die Juden wehrlos machen will, der arbeitet der neuerlichen Judenvernichtung zu. Antizionismus, die Ablehnung des Staates Israel, ist darum immer antisemitisch. Und für Antisemitismus darf es keinen Raum geben, auch nicht an der Uni Oldenburg.

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