Seit vielen Jahren setzen sich die verschiedenen ASten an unserer Uni mal mehr mal weniger intensiv für eine ‚Werbefreie Uni‘ ein. Und auch an anderen Universitäten gibt es unter diesem Slogan einiges zu finden. Kurz um: für linke Gruppen und damit auch linke ASten gehört es zum guten Ton, gegen Werbung sich zu positionieren. Ganz so einfach lässt sich ein Urteil über ‚die böse Werbung an sich‘ oder besondere ‚böse Werbung‘ allerdings nicht fällen. Wir wollen stattdessen einen Anstoß zu einer Diskussion dieser Thematik geben, der nicht abstrakt bleibt indem er auf (vornehmlich linke) Klischees rekurriert und damit zufrieden ist.

Was ist also das Problem an Werbung und im Besonderen von solcher an Universitäten? Werbung dient vornehmlich dazu, eine vorhandene oder noch zu produzierende Ware den möglichen Käufer_innen dieser Ware schmackhaft zu machen. Dies kann auf vielfältige Weise und für vielfältige Produkte geschehen, etwa für einen Burger oder eine Zeitung. In einem weiteren Sinne spricht man auch dort von Werbung, wo der Zweck derselben nicht der Verkauf einer Ware ist, etwa bei der Bewerbung eines politischen Vortrags. Wenn von werbefreier Uni gesprochen wird, wird die erste Art der Werbung problematisiert, also die sogenannte ‚kommerzielle Werbung‘, wohingegen ein politischer Vortrag höchstens für seinen Inhalt, nicht aber dafür kritisiert wird, dass er beworben wird.

Bei der Kritik an kommerzieller Werbung scheint dieser Unterschied hingegen gelegentlich unterzugehen. Zu werben um zu verkaufen erscheint dann als das grundsätzliche, ‚eigentliche‘ Problem. Was verkauft wird, warum überhaupt verkauft werden muss, gerät dabei aus dem Blick. Andererseits steht im Fokus solcher Kritik in der Regel Werbung von größeren Unternehmen (sprich: Konzernen) mit angeblich an sich fragwürdigeren Produkten, sodass neben Werbung an sich Werbung bestimmter Unternehmen (oder ‚Konzerne‘) kritisiert wird. Leider bleibt die Begründung dieser Kritik oft vage und bedient dabei Vorurteile – wie etwa die Unterscheidung von (bösen) Konzernen und (guten) Unternehmen –, anstatt das gesellschaftliche Verhältnis zu bestimmen und zu kritisieren, das Waren, Kauf und Verkauf sowie Werbung zu Grunde liegt. Dies zeigt sich darin, dass nicht lediglich die explizit kommerzielle Werbung von Unternehmen an Universitäten kritisiert wird, sondern ebenso sehr von (größeren) Unternehmen geförderte Projekte, selbst wenn sie emanzipatorische Ansprüche verfolgen.

Die Universität ist als höchste Bildungsanstalt der Ort, an dem staatlich-institutionell die größten Potentiale für emanzipatorisches Denken vorhanden sind. Zu diesem Potential, das freilich immer weiter verkommt, steht kommerzielle Werbung insofern tatsächlich im Widerspruch, als dass sie die gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse dadurch festigt und implizit rechtfertigen muss, indem sie die jeweils beworbenen Produkte als das summum bonum anpreisen muss, da der Zweck jeder (kommerziellen) Werbung ist, das angepriesene Produkt bestmöglich ‚an den Mann‘ zu bringen. Zudem steht kommerzielle Werbung derjenigen Werbung im Wege, die einen emanzipatorischen Anspruch verfolgt, indem sie, wie etwa auf dem Markt der Möglichkeiten in der O-Woche in den letzten Jahren, emanzipatorischen Projekten schlicht und einfach Raum wegnimmt.

Zu kritisieren ist Werbung also an Hand ihrer Inhalte, nicht danach, ob ein (größeres) Unternehmen sie finanziert. Zweifelsohne können die Eigentümer_innen bzw. Geschäftsführer_innen eines Unternehmens ebenso sehr ein Interesse an emanzipatorischer Bildung und Politik haben wie jeder andere Mensch. Hingegen ist diesen einzelnen Personen(gruppen) weder bloß deshalb das gesellschaftliche Verhältnis anzulasten, weil sie die Eigentümer_innen eines Unternehmens sind, noch weil sie ein Unternehmen besonders profitabel führen, da die Konkurrenz aller Unternehmen zueinander es niemandem alleine ermöglicht, aus dieser Konkurrenz austreten. Ebenso wie jedem anderen bleibt also jedem Unternehmen bzw. viel mehr seinen Besitzer_innen und Leiter_innen nichts übrig, als unter den gegebenen Verhältnissen ein einigermaßen erträgliches Leben zu fristen und das geht zumeist besser als Eigentümer an Produktionsmitteln. Wer sich den Luxus erlauben kann, möge emanzipatorisch agieren!