Stellungnahme

Unsere Forderungen in der aktuellen Pandemiesituation

Screenshot 2022-08-27 at 23-46-35 AStA C. v. O. Universität OL (@asta_uol) • Instagram-Fotos und -Videos

Aktuelle Lage

Die aktuell drastisch gestiegenen Infektionszahlen betreffen selbstverständlich auch die Universitäten. Viele Studierenden fragen sich zurecht, ob die Uni über das Wintersemester weiter geöffnet sein wird. An dieser Stelle möchten wir dazu Stellung beziehen und schildern, wie sich die aktuelle Situation für uns darstellt.Positiv festzuhalten ist, dass sich den bisher durchgeführten Umfragen gemäß ca. 90% der Studierenden haben impfen lassen. Das sind deutlich mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt und lässt somit auf eine relativ hohe Sicherheit am Campus schließen. In Bezug auf die Sicherheit in den Lehrveranstaltungen an der Universität lässt sich darüber hinaus zumindest feststellen, dass in den Räumen trotz der Kälte regelmäßig gelüftet wird und die Maskenpflicht von den Studierenden eingehalten wird.
Klar ist aber auch: Der Besuch von Lehrveranstaltungen könnte deutlich sicherer als in der aktuellen Situation sein. Diese lassen sich auch auf die mangelnden Unterstützungsleistungen des Ministerium für Wissenschaft und Kultur zurückführen:
In den Seminarräumen und Hörsälen fehlen Luftfilter, die für die Verhinderung von Ansteckungen, gerade in den kalten Monaten, von besonderer Bedeutung wären. Noch immer gibt es kein Testzentrum am Campus, dieses wäre auch schon vor Wiedereinführung der kostenlosen Tests angesichts der Ballung von so vielen Personen auf enge Räume zweifelsohne sinnvoll gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt braucht es unbedingt Testzentren an den Campus; die Testbereitschaft auch von bereits geimpften Studierenden ist sehr hoch, allerdings sollte es jedem einleuchten, dass diese bei niedrigschwelligen Angeboten – und dazu zählen Testzentren vor Ort – eher wahrgenommen werden.
Sowohl für die Beschaffung von Luftfiltern als auch für die Organisation von Testzentren (sofern eine Kooperation mit der Stadt Oldenburg nicht möglich sein sollte) benötigt die Universität allerdings Gelder, die sie nicht hat. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) zieht sich zuverlässig mit der Verweis auf die Autonomie der Hochschulen aus ihrer Verantwortung, diesen die notwendigen finanziellen Mittel für die Organisation der Forschung und Lehre bereitzustellen. Auf die Anfrage an das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK), welche Mittel und Unterstützungsmaßnahmen sie für die Hochschulen und Universitäten bereitstellen, kam lediglich die Antwort, sie seien „mit den Hochschulen und der LHK […] in fortlaufendem Austausch“, außerdem sei für sie ein „zusätzlicher Mittelbedarf […] derzeit nicht erkennbar“ [1]. Diese vagen, unverbindlichen Antworten bekräftigten den Eindruck, dass das MWK sich aus der Verantwortung der Unterstützung der Hochschulen zu ihren Öffnungen während der Pandemie weiterhin raus hält. Die einzige konkrete Unterstützungsleistung, die ausführlich benannt wird, sind Gelder, die für den Ausbau der Digitalisierung sein bisher bereitgestellt worden. Dies spiegelt sich mit der Einstellung von Björn Thümler, dem digitale Lehre deutlich angenehmer zu sein scheint als eine in Präsenz. Das Ministerium hätte hier längst nachbessern und ihre dogmatische Sparpolitik gegenüber den Hochschulen aufgeben müssen.
Doch auch das Präsidium der Uni hätte hier mehr machen können: Auf die Senatsanfrage hin, ob und inwiefern Gelder für die zusätzliche Anmietung von Räumen angefragt wurden, kam die Rückmeldung, dass die nicht geschehen sei. Angesichts dessen, dass die Universität im Vergleich zu anderen niedersächsischen Universitäten und Hochschulen deutlich mehr Wert auf die Einhaltung von Abständen legt, und so viele bestehende Räume gar nicht für die Lehre geeignet sind, stellt sich die berechtigte Frage, warum nicht zumindest der Versuch unternommen wurde, zusätzliche Räume zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Was nun neben der Organisation von Luftfiltern und Testzentren und der Verschärfung der Hygienekonzepte unbedingt passieren muss, ist, wo möglich, die Umstellung der Lehre auf Hybridmodelle. In ein paar, aber viel zu wenigen Lehrveranstaltungen wird Hybridlehre bereits mit klugem Konzepten umgesetzt, mit denen gute Erfahrungen gemacht wurden. Studierenden, insbesondere die, die zur Risikogruppe gehören oder sich um Angehörige aus einer solchen Gruppe kümmern, muss unbedingt die Möglichkeit gegeben werden, unter den derzeitigen Pandemiebedingungen auch digital an den Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Die Universitäten, die auf große Anteile der Lehre in Präsenz setzen, müssen die Lehrenden in die Pflicht nehmen, ihre Veranstaltungen auch in irgendeiner Form digital stattfinden zu lassen, bestenfalls als Videokonferenz mit der Möglichkeit zur Dazuschaltung, wenigstens aber das nachträgliche Hochladen der Seminarinhalte. Auch hierfür fordern wir die Bereitstellung von Mitteln des Landes zur Umsetzung.
In einem Gespräch der LandesAStenKonferenz Niedersachsen (LAK) wurde uns von Björn Thümler, Minister für Wissenschaft und Kultur, zugesichert, sie würden sich für solche Gelder und Mittel; Testzentren, Luftfilter, technische Ausstattung der Universitäten einsetzen. Das MWK muss hier nun Wort halten und sich in der Bereitstellung von Unterstützungsleistungen auch gegenüber dem Finanzministerium durchsetzen. Für uns ist es unverständlich, dass die Hochschulen in dieser Situation vom Land alleine gelassen werden.
Abseits von Unterstützungsmaßnahmen für das weitere Stattfinden der Lehre bedarf es nun dringend finanzieller Unterstützungen für Studierenden. Es ist davon auszugehen, dass nun die meisten Nebenjobs von Studierenden wieder wegbrechen werden, für viele Studierenden ist es außerdem aufgrund der stressigen Situation ohnehin kaum möglich, diesen nachzugehen. Weiterhin kann man damit rechnen, dass auch dieses Semester von den allerwenigsten Studierenden tatsächlich in der vorgesehenen und ohnehin seit jeher vollkommen unrealistisch und bildungsfeindlich Regelstudienzeit absolviert wird.
Wir fordern daher eine weitere Verlängerung der Regelstudienzeit, so lange wie die Corona-Pandemie das Land und damit auch die Hochschulen in Atem hält. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) muss dafür keine komplizierte Gesetzesänderung vornehmen, sondern kann diese eigenständig beschließen. Von dieser Berechtigung sollten sie jetzt, und nicht erst in ein paar Monaten, Gebrauch machen! Die Unklarheit darüber, ob man das Studium angesichts auslaufendem BAföG oder aufgrund anfallender Langzeitstudiengebühren überhaupt zu Ende bringen kann, stellt für viele momentan ein unnötiger und belastender Stressfaktor dar. Für uns gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, warum bei der Entscheidung der Verlängerung der Regelstudienzeit länger zögern sollte.
Eine weitere Belastung für Studierende ist die konsequente Ablehnung der Härtefallanträge zur Aufhebung der Langzeitstudiengebühren aufgrund der pandemischen Notlage. Die Langzeitstudierenden werden weiterhin gnadenlos in ihrer prekären wirtschaftlichen Situation nicht ernst genommen und müssen diese zusätzliche Belastung, die andere Studierende nicht tragen, schultern und bekommen keinerlei Perspektive geboten. Die finanzielle Mehrbelastung beläuft sich mittlerweile auf 1500 € und wir können nicht verstehen, warum dieser Missstand weiterhin billigend in Kauf genommen wird, insbesondere obwohl keine Argumente vorgebracht wurden, dies das auch nur annähernd rechtfertigen würden.
Durch das Aussetzen der Coronanothilfen werden Studierende in finanziellen Nöten in den Abbruch des Studiums gedrängt, wenn diese ohne Hilfe durch die Krise gehen sollen. Daher fordern wir außerdem eine Grundreform der Studienfinanzierung, damit der freie Zugang zu Bildung und ein sorgenfreies Studium garantiert werden können.Zunächst bedarf es allerdings rascher, unkomplizierter Finanzhilfen für Studierende. Dabei sind verschiedene Modelle denkbar, klar ist dabei, dass sich Studierenden nicht noch weiter verschulden dürfen! Finanzhilfen in Form von Darlehen oder Krediten sind daher für uns vollkommen indiskutabel.
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung eingeführten Überbrückungshilfen wurde der Realität vieler Studierenden wenig gerecht. Individuelle Lebenslagen – Mietpreise, unterschiedliche Lebensführungskosten etc. – wurden hier nicht mitberücksichtigt, geschweige dessen, das von den als Maximalsumme ausgegebenen 500€ ohnehin kaum jemand seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Die Intransparenz in der Antragsstellung, die fehlende Möglichkeit, Einspruch gegen eine nicht nachvollziehbare Ablehnung einzulegen, kommen dazu noch oben drauf. Sollten die Überbrückungshilfen erneut eingesetzt werden, erwarten wir von der noch amtierenden und der neuen Bundesregierung daher ein weniger dahingeschludertes, stattdessen gründlich durchdachtes und mit den für die Lebensrealitäten der Studierenden angemessenen ausgestatteten Mitteln Hilfeprogramm.
Doch es gibt auch andere Alternativen zur Überbrückungshilfe: So könnte der Bezug des Arbeitslosengeld II (ALG II) auch für Studierende geöffnet werden. Dies brächte einige Vorteile mit sich: So ist die Infrastruktur für die Vergabe der Gelder bereits vorhanden, der Prozess der Entscheidung über die Anträge deutlich weniger undurchsichtig. Zudem kommen die dort vergebenen Gelder deutlich näher an die Realität der Studierenden dran als BAföG und die Überbrückungshilfen. Auch ließe sich die Öffnung von ALG II für Studierenden per Änderung des Sozialgesetzbuch II rasch umsetzen, wie während Corona bereits an anderen Stellen erfolgt.
Die Qualität der Lehre leidet in einigen Bereichen stark unter der Online-Lehre. Dozierende stellen die Teilnehmerzahl mancher Seminare von 40 auf 200 Personen und verwandeln dadurch Seminare in Vorlesungen. Die hier verwendete Abspeisung von Studierenden verurteilen wir klar und fordern Dozierende auf, die Online-Lehre nicht als Werkzeug zur Massenabfertigung zu missbrauchen!

Forderungen für das Sommersemester

An dieser Stellen möchten wir zudem noch einmal grundsätzlich betonen, dass wir eine Präsenzlehre stark gegenüber einer digitalen befürworten und wir uns auch dafür einsetzen, dass dahin zum Sommersemester zurückgekehrt wird. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Online-Lehrformate die Präsenzlehre zu großen Teilen nicht adäquat ersetzen kann. Viele Lehrformate leben von dem Austausch von Angesicht zu Angesicht, von der Nachbesprechung der Seminare untereinander und zusammen mit den Dozenten. Gerade solche Gespräche sowie die rege Diskussion innerhalb der Seminare und Vorlesungen finden unter den Bedingungen der Online-Lehre kaum statt.
Für viele Studierende bedeutet der Studienanfang mehr als nur der Zwischenschritt zwischen Schule und Beruf: Der Umzug eine andere Stadt, die nicht selten weit weg von zu Hause ist andere Qualitäten als der Heimatort birgt, kann durchaus auch einen Erkenntnis- und Emanzipationsprozess anregen: Man tritt aus eingeschränkten, relativ gleichförmigen sozialen, familiären und räumlichen Verhältnissen heraus und wir konfrontiert mit einer von diesen Verhältnissen unterschiedenen Welt und insbesondere mit Positionen, die den eigenen Vorstellungen davon, was richtig und falsch ist, widersprechen. Man wird so dazu angehalten, sich und seine Verhältnisse zu hinterfragen, entsprechend können diese Erfahrungen, die man an einer Präsenzuniversität und im neuen Wohnort macht, ausschlaggebend für den Prozess der Mündigwerdung sein.Dass dies nicht von allen so gesehen wird, lässt sich alleine schon an der Person Björn Thümler ausmachen: Dieser macht im Zusammenhang mit der Corona-bedingten Digitalisierung der Hochschulen

“klar, dies werde ‘nicht das Ende sein können’. Die digitale Entwicklung biete Chancen bis hin zum Wohnungsmarkt, denn viele gewöhnten sich an die digitalen Formate, Studenten müssten daher nicht länger im Zentrum einer Hochschulstadt wohnen, um zu lernen. Schütte [Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung] meinte, es stelle sich die Frage, was noch im Hörsaal oder im Seminarraum vermittelt werden müsse.“ [2]

Solche Träumereien von Studierenden, die praktischerweise doch einfach zu Hause bleiben könnten und ihre Heimatstadt gar nicht erst verlassen bräuchten, laufen defacto auf eine Zerstörung dessen, was Universitäten ausmacht, hinaus. Für das MWK bieten solche Zukunftsvisionen wohl den bequemen Vorzug, sich in Zukunft sich nicht mehr um die Beschaffung der Gelder für die dringend notwendigen benötigten Renovierungsmaßnahmen, Neubauten etc. zu kümmern, womit sie ja bisher auch ziemlich erfolglos waren. Es scheint, als wünsche sich das MWK universitäre Bildung zum Nulltarif.

Quellen:
1. Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung
2. https://www.nwzonline.de/…/hannover-auch-ueber-corona…

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