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Alex Struwe: Totalität: Wozu braucht es eine Theorie des gesellschaftlichen Ganzen?
28. Juni 2022 | 18:00 – 20:00
Es ist eine paradoxe Situation: Wir wissen, dass Phänomene wie Wirtschaftskrisen, kulturelle Regression, politischer Rechtsruck oder gar menschengemachter Klimawandel irgendwie gesellschaftlich zusammenhängen. Aber zugleich haben wir keine Möglichkeit, diesen Zusammenhang auf den Begriff zu bringen. Dazu bräuchte es eine Theorie, die Gesellschaft als einen bestimmten Gesamtzusammenhang begreifen kann, eine Theorie der Totalität.
Aus guten Gründen wurde ein Denken der Totalität seit vielen Jahrzehnten in der Sozialwissenschaft und der politischen Praxis verabschiedet: Man verbindet damit totalitäre Ideologien, dogmatischen Marxismus oder metaphysische Ganzheitsvorstellungen, die mit der Realität komplexer demokratischer Gesellschaften wenig gemein zu haben scheinen. Das Problem, dem sich eine Theorie der Totalität angenommen hat, ist damit aber nicht gelöst. Im Gegenteil, die Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Verhältnissen ist heute nahezu überall spürbar und führt zu Weltuntergangsstimmung oder wahnsinnigen Projektionen.
Braucht es also wieder eine Theorie der Totalität? Und wie könnte diese aussehen? Der Vortrag will diese Fragen mit einem Blick in die marxistische Theoriegeschichte diskutieren. Mit einem besonderen Schwerpunkt auf Adornos Gesellschaftstheorie soll gezeigt werden, wie eine konkrete Bestimmung gesellschaftlicher Totalität aussehen könnte und warum es sie braucht, um über die „überwältigende Macht des Bestehenden“ hinaus denken und handeln zu können.
ZUR PERSON
Alexander Struwe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Theorie der Universität Duisburg-Essen und arbeitet zu den Möglichkeitsbedingungen und Grenzen einer Theorie gesellschaftlicher Totalität.