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Die Lebensreformbewegung um 1900: Geschichte, Rezeption, Nachwirkung – Bernd Wedemeyer-Kolwe

26. September 2023 | 18:00

Die Lebensreformbewegung war eine der vielen sozialen Protestströmungen der vorletzten Jahrhundertwende, die der negativ gedeuteten, durch Verstädterung, Naturzerstörung und Kapitalismus geprägten modernen Industriegesellschaft ein positives soziales Utopia entgegensetzte. Unter dem Motto „Zurück O Mensch, zur Mutter Erde“ und mit dem Slogan „Zurück zur Natur“ strebte sie keine Revolution an, sondern eine selbständige bewusste Veränderung des Individuums, dessen „Selbstreform“ des Einzelnen allmählich die gesamte Gesellschaft renovieren sollte. Dafür entwarf sie zivilisationskritische Naturentwürfe (alternative Daseinsideologien und Naturreligionen) und körperliche Achtsamkeitsstrategien (Vegetarismus, Naturheilkunde, Freikörperkultur). Das Ziel der Lebensreform war ein gesundes naturbewusstes Leben in einer regional überschaubaren, sich selbst versorgenden ländlichen Gemeinschaft inmitten einer als „natürlich“ charakterisierten Umwelt. Die schloss politische Stellungnahmen nicht aus. Neben zahlreichen privat-unpolitischen Haltungen gab es sozialdemokratische und linke Entwürfe sowie völkische und rassistische Ideologien, die einem globalen „Zurück zur Natur“ ein germanophiles „Zurück zur deutschen Natur“ entgegensetzten.

Der Vortrag skizziert die Geschichte der Lebensreformbewegung und fragt anschließend nach ihrer Rezeption von und Nachwirkung auf Alternativbewegungen und Gesellschaften späterer Epochen und der Gegenwart.

Bernd Wedemeyer-Kolwe ist Volkskundler und Sporthistoriker und Wissenschaftlicher Leiter des Niedersächsischen Instituts für Sportgeschichte (NISH) in Hannover. Neben Sportgeschichte gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten Lebensreformbewegung, völkische Bewegung und Okkultismus.

Die Veranstaltung findet in Raum A01 0-006 an der Universität Oldenburg statt.