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Gerhard Stapelfeldt: Kritik der neoliberalen Universität
3. November 2021 | 18:30 – 19:30
Um 1990, im Kontext der Umstrukturierung der Weltökonomie nach den Regeln des Neoliberalismus, bestand die Erwartung großer weltwirtschaftlicher Institutionen wie der Weltbank und des UN-Entwicklungsprogramms darin, daß durch den Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungsökonomie eine Wissensgesellschaft entstehen würde, die ein grenzenloses Wirtschaftswachstum eröffnen könnte. Die Orte der Produktion von Wissen – Schulen, Hochschulen und Universitäten – sollten neoliberal umgeformt werden. Das bedeutete die Strukturierung des Bildungsbereichs nach den Regeln des Wettbewerbs: die Einführung eines sozialdarwinistischen Kampfes aller gegen alle, die Reduktion der Freiheit auf eine individualistische Freiheit und die Abschaffung sozialer Gleichheit zugunsten von Ungleichheit, von Sieg und Niederlage. Insofern wurden ökonomisch, gesellschaftlich und bildungs-politisch die alten Menschenrechte, der klassisch-liberale Kosmopolitismus und die sozialistische Solidarität, faktisch verabschiedet. Der Vortrag skizziert zuerst die Strukturen von Neoliberalismus, neoliberaler Wissensgesellschaft und neoliberaler Universität, um sodann deren Entstehung aus dem Verfall des klassischen Liberalismus, bildungspolitisch: der Universität Kants und Humboldts, zu skizzieren.
Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Soziologie-Professor an der Uni Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.