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13. Dezember 2023 | 18:30 21:00

Die Universität Oldenburg feiert in diesem Semester ihr fünfzigjähriges Bestehen. Gegründet wurde sie in den 1970er Jahren als sogenannte Reformuniversität. Der tausendjährige Muff unter den Talaren und die überkommenen Hierarchien der konservativen „Ordinarienuniversitäten“ sollten durch frische Ideen und neue Formen der Mitbestimmung ersetzt werden – so zumindest der Anspruch vieler damals Beteiligter, die noch unmittelbar unter dem Eindruck der 1968er-Bewegung standen. In den Hochschulgremien der neuen „Gruppenuniversitäten“ (neben Oldenburg u. a. auch in Bremen) wurde eine Drittelparität eingeführt, d. h. die Hochschullehrergruppe, der akademische Mittelbau und die Studierenden sollten bei Abstimmungen jeweils den gleichen Stimmenanteil haben. Das darin steckende subversive Potential wurde vom Bundesverfassungsgericht erkannt, die Drittelparität höchstrichterlich einkassiert.

Die Idee der Reformuniversität enthielt ferner ein Bekenntnis zur gesellschaftlich relevanten und politisch eingreifenden Lehre und Forschung; dies aus der Einsicht heraus, dass die vermeintliche „Wertneutralität“ der Wissenschaften ideologisch nur allzu oft nutzbar gemacht wurde zur positivistischen Legitimierung dessen, was ist. Heutzutage indes – 50 Jahre später – ist es beinahe zu einem Allgemeinplatz im Selbstverständnis von Universitäten geworden, dass sie in gesellschaftspolitischen Debatten mitzumischen haben. Universitätspräsidenten rufen zum Klimastreik auf und beteuern Vielfalt und Toleranz als unbedingte Werte einer weltoffenen Universität. Doch was früher gesellschaftskritisch einmal denkbar und möglich erschien – nämlich ganz andere Formen des Wirtschaftens, politischen Entscheidens und Zusammenlebens –, scheint in der heutigen überaus politisierten und zugleich utopiefreien Zeit wie ein Hirngespinst. Dagegen müsste wohl allererst daran erinnert werden, was einmal der Anspruch von Bildung zur Menschheit war, was Autonomie und Mündigkeit ihrer Idee nach bedeuten.

Wie weit her ist es an heutigen Hochschulen also tatsächlich mit dem kritischen Blick auf gesellschaftliche Phänomene? Welche Idee verkörpern sie überhaupt? Und wie steht es um die inneruniversitäre Demokratie und Mitbestimmung?

Die vom Präsidium initiierten offiziellen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag taugen aufgrund der aufgesetzt-festlichen Heiterkeit solcher launigen Events, die vor allem der Selbstbestätigung dienen, nicht zur kritischen Prüfung der Idee der Reformuniversität. Wie es gegenwärtig um Anspruch und Wirklichkeit derselben steht, soll in Form einer Podiumsdiskussion zumindest andeutungsweise debattiert werden. Dafür ist die Beantwortung der Frage unerlässlich, welche gesellschaftliche Funktion die Wissenschaft und mit ihr die Hochschulen im Kapitalismus überhaupt haben. Im Bestfall ist die Veranstaltung Auftakt für mehr, indem sie zu der Erkenntnis beiträgt, dass die Universität nicht notwendig so sein und bleiben muss, wie sie gerade ist.

Es nehmen teil:

–        Sabine Hollewedde, Lehrbeauftragte an den Universitäten Oldenburg und Kassel, ehemalige Studentin und Promovendin am Institut für Philosophie, langjährige studentische Vertreterin in Fakultäts- und Institutsrat

–        Nikolaj Schulte-Wörmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Politische Bildung/Didaktik am Institut für Sozialwissenschaften, ehemaliger AStA-Sprecher und studentischer Senator, aktuell Senator für den Mittelbau

–        Gerhard Stapelfeldt, lehrte von 1979 bis 2009 als Soziologieprofessor an der Universität Hamburg, Autor zahlreicher Publikationen zum Thema Bildungsphilosophie, Bildungsreform und neoliberale Universität

– Ulrich Ruschig, Philosophieprofessor, langjähriger Direktor des Instituts für Philosophie, forschte und lehrte seit 1975 bis zu seiner Pensionierung 2013 an der Universität Oldenburg (zunächst in der Chemie, später Philosophie)

Die Veranstaltung findet im BIS-Saal der Universiät Oldenburg statt.