Das typische Erstsemester ist wohl für alle besonders: das erste Mal alleine wohnen, ein intensives Studieren, viele neue Leute kennenlernen – und natürlich auch ausschweifendes Feiern. Unter den jetzigen Bedingungen ging das alles natürlich nicht gleichermaßen. Wir wollten herausfinden: Wie war das erste Semester an der Uni Oldenburg im Coronawinter 2020 und 2021?
Die O-Woche bündelt alle diese Erfahrungen normalerweise.. Dieses Mal war dieses reduziert: keine Mensaparty, kein Campus voll mit Erstis und ihren Spielen. Für Lea und Ruben, die beide im Winter angefangen haben an der Uni Oldenburg zu studieren, war die Orientierungszeit dennoch gelungen.
„Ich war eher überrascht, wie viel noch möglich ist und wie viele Leute man kennen gelernt hat“, erinnert sich Ruben. Die üblichen Aktionen, die die O-Woche so ausmachen wurden vom Campus weg verlegt. „Wir haben uns immer auf den Dobbenwiesen getroffen und dort dann Flunky Ball gespielt.“ Das ging in diesem Fall aber nicht offiziell von der Uni oder den Fachschaften aus. „Im Großen und Ganzen war es selbstorganisiert. Die Fachschaften haben gesagt, dass sie es nicht dürfen, es ist halt Corona. Wir haben aber eine Gruppe gehabt und dort uns dann einfach verabredet.“
Auch sonst findet ein guter Teil der Organisation über selbstangelegte Whatsapp-Gruppen stand. Das hat teils schon absurde Ausmaße, wie Lea erzählt: „Wir haben Whatsapp-Gruppen für alles. Ich habe eine Lehramts-Erstigruppe, ich habe eine Sport-Lehramts-Erstigruppe, Ich habe eine Englisch-Ersti-Gruppe, ich habe nur Lehramt, nur Sportis, nur Englisch – es gibt einfach für alles Gruppen.“
Auf der sozialen Ebene ist eine große Änderung, dass viel mehr Leute noch nicht nach Oldenburg gezogen sind: „Ich würde sagen 70% wohnen noch in der Heimat oder bei ihren Eltern“, so Lea. Ruben schätzt die Zahl zwar etwas geringer, aber die Mehrheit, so der Eindruck der beiden, ist nicht vor Ort. Das hat Auswirkungen, in dem Sinne, dass diejenigen, die hier sind, dann aber einen engeren Kontakt untereinander haben. Ruben kommt sogar zu dem Schluss: „Je mehr Zeit man in einer bestimmten Konstellation verbringt, desto enger wird das Verhältnis. Ich würde sagen, dass Eingesperrtsein hat uns zusammengeschweißt. Sagen wir es auch einmal so: so wie wir jetzt hat noch nie jemand studieren. Wir sind die ersten, die so studieren.“
Gleichzeitig gibt es natürlich auch viele Tage, die man mehr oder weniger alleine vor dem Bildschirm verbringt, was auch seine Auswirkungen aufs Gemüt hat: „Es ist manchmal schon traurig, man sitzt alleine vor dem Bildschirm. In den Supermarkt einkaufen gehen ist das Highlight des Tages. Das nimmt einen schon mit.“
Die größere Neuerung des Studiums ist dessen Verlegung ins Digitale. Das bringt das ein oder andere Problem mit sich. Zu diesen Problemen gehört aber, jedenfalls ihrem Eindruck nach, weniger inhaltliches. Anders als in den Schulen, in denen weit weniger Stoff thematisiert wurde, war das offenbar an der Uni nicht der Fall. „Das war, von dem was man hört, vielleicht im letzten Sommersemester so, weil da auch viel ausgefallen ist. Aber für uns würde ich das nicht sagen.“
Technische Probleme gab es demgegenüber schon mehr, wie Lea beklagt: „Also im Winter war es natürlich schon nervig, dass BigBlueButton oft abgestürzt ist. Man hat sich anderthalb Stunden Zeit genommen, dann ist es am Ende ausgefallen und der Professor hat das Video hochgeladen, dafür brauchte man dann aber wieder anderthalb Stunden. Mittlerweile laden die Meisten direkt Videos hoch. Die Vorlesungen finden eigentlich nicht mehr über BigBlueButton statt, sondern über Videos.“
Beide klagen auch über Gruppenarbeiten, denn anders als sonst kann man die Personen, mit denen man zusammenarbeitet, noch nicht einmal sehen.
„Es sind nur Namen auf einem Bildschirm.“, so RUben, „Ich will nicht wissen wie viele Leute mir in der Stadt schon entgegengekommen sind, mit denen ich mich fast täglich in einem Meetingraum unterhalte und von denen ich einfach nicht weiß, dass sie es sind. Auf der anderen Seite: wir sind jetzt Erstis und wir kennen das „Normale“ Studentenleben ja gar nicht, deswegen ist das, wie es jetzt ist, für mich normal. Das andere wird dann neu, das jetzt ist Normalität.“